So geht Entschuldigen richtig
Obwohl eine Entschuldigung etwas sehr Persönliches ist und authentisch sein sollte, gibt es sechs Aspekte, über die man zumindest nachdenken sollte.
Text: Berit Larsen
Wissenschaftler der Ohio State University haben 2016 untersucht, was eine gelungene Entschuldigung ausmacht und welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit des Verzeihens erhöhen. Das Ergebnis: Eine Entschuldigung enthält sechs verschiedene Bestandteile – einige sind wichtiger, andere weniger. Manchmal genügt aber auch ein simples „Pardon“. Aber je mehr wir den anderen getroffen haben, umso tiefgehender sollte auch die Entschuldigung ausfallen. Wobei es natürlich nicht darum geht, ein Rezept abzuhaken.
1. Schritt: „Ich habe einen Fehler gemacht.“
Erkenntnis soll ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung sein. In einem Streit, bei einer Panne oder einem richtig dicken Fauxpas gehen wir aber häufig erst mal in die Verteidigungshaltung oder sogar in den Angriff über. Es heißt ja auch, Angriff sei die beste Verteidigung. Solange wir uns jedoch auf dieser gedanklichen Ebene befinden, wird es eher nichts mit der gelungenen Entschuldigung. Denn erst, wenn wir wirklich begreifen, dass wir etwas vermasselt haben, können wir auch Reue darüber empfinden. Aus diesem Schritt resultiert dann auch der Impuls, sich entschuldigen zu wollen – hoffentlich „wollen“ und nicht „müssen“. Die richtigen Worte dafür? „Ich habe einen Fehler gemacht. Es tut mir leid.“
2. Schritt: „Ich möchte dir erklären warum.“
Wenn die Emotionen noch brodeln, ist es besser, es zunächst bei diesen ersten Worten zu belassen. Vielleicht kann man aber schon ankündigen, dass man gerne noch mal die Hintergründe erklären würde. Zu einem späteren Zeitpunkt kann es dann auch hilfreich sein – für einen selbst und auch für den anderen – zu beschreiben, wie es zu dem Malheur gekommen ist. Dabei sollte man jedoch gut aufpassen, welche Worte man wählt. Allzu schnell entsteht sonst der Eindruck, man wolle sich rausreden oder andere oder die Umstände für die Sache verantwortlich machen. Hier ist es also gut zu betonen: „Ich habe diesen und jenen Fehler gemacht – ich möchte, dass du verstehst, wie es dazu kam …“
3. Schritt: „Ich stehe dafür gerade.“
Erst wenn wir verstehen und erkennen, was genau wir falsch gemacht haben, können wir Verantwortung dafür übernehmen – und im Idealfall auch daraus lernen. Die US-Wissenschaftler der Studie betonten, dass diese Botschaft die wichtigste bei einer Entschuldigung ist: „Ich übernehme die volle Verantwortung für den Fehler, den ich gemacht habe.“ Aber was ist, wenn tatsächlich mehrere an dem Schlamassel beteiligt waren? Psychologin Harriet Lerner empfiehlt in diesem Fall, nur für den eigenen Anteil geradezustehen. Es gehört jedoch wohl etwas Fingerspitzengefühl dazu, hier die Worte so geschickt zu wählen, dass man nicht gleichzeitig andere anschwärzt – dies könnte sonst wieder die ganze Entschuldigung außer Kraft setzen.
4. Schritt: „Heute würde ich es anders machen.“
Um der eigenen Reue Nachdruck zu verleihen, kann man hervorheben, was man nun anders machen würde, wenn man noch mal in so eine Situation käme oder wenn man die Zeit zurückdrehen könnte. Hier muss man die eigentliche Situation natürlich im Auge behalten – unter Umständen kann so eine Ausführung auch übertrieben pathetisch rüberkommen, manchmal kann sie aber auch direkt ins Herz treffen. Es sollte natürlich – ebenso wie alle anderen Punkte – ehrlich gemeint sein. Nur dann beweist es dem anderen, dass man sich wirklich Gedanken über seine Fehler gemacht hat und die Entschuldigung nicht nur so dahingesagt ist. Vielleicht gibt das dem Gegenüber ja sogar den Anstoß, einem eine zweite Chance zu geben.
5. Schritt: „Wie kann ich es wiedergutmachen?“
Wenn ich bei einer Party meiner Freundin Rotwein über den Rock geschüttet habe, ist klar, dass ich die Reinigung übernehme, nach einem neuen, gleichen Rock Ausschau halte oder ihr den Kaufpreis erstatte. Die Wiedergutmachung, betonen die Forscher, ist der zweitwichtigste Faktor einer Entschuldigung. Für den Schaden aufkommen oder für Ersatz sorgen – dies ist leider nicht bei allen Dummheiten möglich. Geht es beispielsweise um einen Treuebruch oder um alte, tiefsitzende Verletzungen aus der Vergangenheit, kann man das eigentliche Leid nicht wiedergutmachen. Dennoch kann man seinen Willen zur Besserung zeigen, indem man den anderen fragt, was man für ihn tun kann.
6. Schritt: „Verzeih mir bitte!“
Während der ein oder andere Aspekt der ersten fünf Schritte auch kleiner ausfallen darf, muss die aufrichtige und nachempfundene Bitte um Vergebung wirklich am Ende der Entschuldigung stehen. Kommt das „Verzeih mir“ solo daher, zeigt es kaum Wirkung, betonen die Wissenschaftler. Es hilft, wenn klar hervorgeht, dass man gerade bei tieferen Verletzungen in Zukunft alles unternehmen wird, dass dies nicht noch einmal passiert. Zudem muss der Adressat der Entschuldigung fühlen, dass man seinen Schmerz wirklich versteht. Es ist also etwas mehr als das bloße Absolvieren von Punkten oder eine Willensbekundung zur Besserung. Das ist nachvollziehbar: Denn erkennt man kein Eingeständnis, kein Verständnis, keine Reue, keinen Willen zur Besserung – warum sollte man uns dann vergeben? Wir würden keinen Grund liefern, uns zu ENTschuldigen, sondern lediglich den „Freispruch“ einfordern.
Stand: März 2020
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