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Gesund

Welche Nahrungsergänzungsmittel sind sinnvoll?

Vitaminpillen – nein danke! Oder gehören Sie zu den Risikogruppen, die eine Supplementierung mit Nährstoffen brauchen? Hintergründe und Studien.

Text: Karen Cop

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Je mehr Vitamine, desto besser! Das stimmt leider nicht, Überdosierung kann gefährlich sein. Wann sind extra Vitaminpräparate nötig, wann nicht?

Multitalent oder Psychosomatik?

Milliarden von Immunzellen jagen durch unser Immunsystem. Unermüdlich fahnden Schwärme von Makrophagen, Monozythen und Killerzellen nach Feinden wie Bakterien und Viren. Weiße Blutkörperchen wie die neutrophilen Granulozyten schützen besonders effektiv vor krank machenden Erregern. Zum Beispiel. Wenn das Zusammenspiel unserer zellulären Waffen funktioniert, kann sich unser Körper wehren und mit ständig auf ihn einstürmenden Angreifern gut umgehen. Doch täglich sterben auch 50 bis 70 Milliarden Immunzellen ab, die das Immunsystem ersetzen muss. Dafür braucht es Unterstützung: Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Die Vitamine C und E sowie das Beta-Carotin als Vorstufe von Vitamin A gehören zu den Antioxidantien, die als hochwirksame Radikalfänger gelten. Also her mit hoch dosierten Vitaminpräparaten, denn zu viel des Guten kann es nicht geben? Nach Antworten ist in den vergangenen Jahren viel geforscht worden, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Grundsätzlich ist in Ländern wie Deutschland Nährstoffmangel selten. Der Fokus lag und liegt darum immer mehr auf dem Zusammenwirken verschiedener Nährstoffe, statt sie isoliert zu betrachten. Außerdem kann „eine unkontrollierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln schädlich sein“, wie Prof. Dr. med. Hans Hauner vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung warnt.

Überdosierung kann gefährlich sein

„Viel hilft viel – das ist auch bei Vitaminen und Mineralstoffen ein Trugschluss“, bestätigt der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Die Dosis entscheidet, ob sie unserer Gesundheit nützen oder schaden.“ Das BfR hat deshalb Empfehlungen für Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln erarbeitet. Prof. Hensel weiter: „Eine zu hohe Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen und dadurch bedingte Überversorgung ist über die normale Ernährung mit Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Brot, Fleisch und Käse nahezu ausgeschlossen. Werden allerdings hoch dosierte Nahrungsergänzungsmittel eingenommen und zusätzlich angereicherte Lebensmittel verzehrt, kann es zu hohen Zufuhren kommen, durch die das Risiko für eine Überversorgung mit den betreffenden Mikronährstoffen steigt.“ Für viele sind Nebenwirkungen nach Überdosierung nachgewiesen: Vitamin C kann zu Durchfall und Magenschmerzen führen, Vitamin B6 zu Nervenschäden, Zink ist ein Schwermetall, das für Vergiftungssymptome verantwortlich sein kann. Laut Studien, u. a. des Internisten Max Horwitt von der Universität in St. Louis, USA, gehen Menschen, die zu viele Vitaminpräparate einnehmen, sogar ein erhöhtes Risiko ein, an Herzinfarkt oder Krebs zu sterben. Wobei gesagt werden muss, dass der Griff der Verbraucher zu Vitaminpräparaten und Nahrungsmittelergänzungen in den USA besonders verbreitet ist.

Vitamin D speichert der Körper im Sommer, weil die Sonneneinstrahlung im Winter zu schwach ist. Trotzdem tut Licht jetzt gut, vor allem auch der Psyche.

Unterversorgung mit Vitamin D nimmt zu

Auch ein zu hoher Vitamin-D-Spiegel kann zu Vergiftungserscheinungen, Nierenverkalkung und Nierensteinen führen. Jedoch zeigten einige Studien der vergangenen Jahre, dass in der westlichen Welt ein Großteil der Menschen unterversorgt ist, speziell im Winter. Wenn Menschen ihre Haut im Sommer öfter großflächig von der Sonne bescheinen lassen, bildet ihr Körper normalerweise genug Vitamin D und füllt die Speicher für die dunkle Jahreszeit auf. Doch nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) bleiben etwa 60 % der Deutschen unter dem empfohlenen Wert von 50 Nanomol pro Liter Blut. Das kann verschiedene Gründe haben: Ältere Menschen gehen weniger raus. Andere haben Angst vor Hautkrebs oder bedecken ihre Haut aus religiösen Gründen. Auch Büroarbeit verhindert die Bildung von Vitamin D, wenn sie nicht mit genug Freizeit in der Natur ausgeglichen wird. In Pandemiezeiten, in der die Wohnung und das Home Office kaum verlassen wurden, verbesserte sich die Versorgungslage natürlich nicht.

Supplementierung nur nach Rücksprache mit dem Arzt

Dabei ergab eine Untersuchung von 30 Studien an der Universität Hohenheim in Stuttgart, dass gerade im Zusammenhang mit Covid-19-Erkrankungen der Vitamin-D-Spiegel im Auge behalten werden muss. Prof. Dr. Hans-Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim erklärt: „Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herzerkrankungen und starkes Übergewicht gelten als Risikofaktoren, doch gerade diese sind oft mit einem Vitamin-D-Mangel verbunden. Das hat Konsequenzen für den Verlauf der Covid-19-Erkrankung.“ Vitamin D reguliert das Immunsystem und das Renin-Angiotensin-System (RAS), das den Blutdruck steuert. „Da das Corona-Virus eine wichtige Schaltstelle dieser Regelkreise befällt, halten sich proentzündliche und antientzündliche Prozesse nicht mehr die Waage.“ Der Experte empfiehlt Risikogruppen deshalb, den Vitamin-D-Spiegel prüfen zu lassen und prophylaktisch „viel fetten Fisch und sonnengetrocknete Pilze“ zu essen – Supplementierung nur nach Rücksprache mit dem Arzt.

Sie erwarten ein Baby? Vor allem während der Schwangerschaft ist der Nährstoffbedarf erhöht.

Risikogruppen für Nährstoffmangel

Wer gehört zur Risikogruppe für eine mögliche Mangelernährung? Werdende Mütter brauchen mehr Folsäure. Neugeborene bekommen Vitamin K zum Schutz vor Hirnblutungen und Vitamin D für die Knochengesundheit, da ihre zarte Haut noch nicht der Sonne ausgesetzt werden darf. Alte Menschen haben oft weniger Appetit oder können Rohkost schlechter verwerten. Die Wechseljahre sind ein Risikofaktor für Kalziummangel. Außerdem gehen diverse Krankheiten mit Vitaminmangelerscheinungen einher. Nicht nur bei Menschen mit einer Grunderkrankung, auch bei an einer Depression Erkrankten zeigt sich oft ein Vitamin-D-Mangel. Raucher brauchen mehr Vitamin C, quasi als Gegengift – keine Frage, dass es gesünder wäre, stattdessen nicht mehr zu rauchen. Und Veganern wird eine Supplementierung mit Vitamin B12 empfohlen, weil es wichtig für die Zellen ist sowie für Reaktionen im (z. B. Eiweiß-)Stoffwechsel, aber vor allem in tierischen Lebensmitteln vorkommt.

Ausgewogen ernähren – was heißt das?

Heißt es nicht „An apple a day keeps the doctor away“? Forscher fanden schon vor Jahrzehnten heraus, dass 100 Gramm Apfel mit roter Schale so viel Zellschutz bieten wie 1.500 Milligramm reines Vitamin C. Der Apfel ist auch reich an Selen, das Spurenelement entlastet das Immunsystem.

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In diesem Vortrag erklärt der renommierte Prof. Dr. Claus Leitzmann, Mikrobiologe und Ernährungswissenschaftler, warum sekundäre Pflanzenstoffe so wirksam für unsere Gesundheit sind:

Dazu sind Früchte wie Äpfel und Beeren und Gemüse wie Rote Bete, Brokkoli, Paprika und Zwiebel voll mit sekundären Pflanzenstoffen. 5.000 bis 10.000 kommen in unserer Nahrung vor. Wer sich möglichst abwechslungsreich mit frischen Zutaten ernährt, unterstützt die Immunabwehr deshalb meistens optimal. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät daher von Nahrungsergänzungsmitteln ab und zitiert Prof. Dr. Marc Birringer von der Hochschule Fulda: „Der Körper verfügt über zahlreiche körpereigene Antioxidantien, die wir durch Bewegung und Sport, die Vermeidung von Übergewicht und eine abwechslungsreiche Ernährung aktivieren können.“

Zur Autorin: Karen Cop liebt es bunt: frisch zubereitet und in den Farben der Saison auf dem Teller. Zurzeit ist Rot, Gelb, Grün angesagt: Rote Bete und Quitte mit Thymian an Ziegenfrischkäse – ein Aromaknaller, der supergesund ist!

Stand: Dezember 2021

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