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Spezial

Ein Hoch auf Handarbeit

Punch-Needling, Makramee & Co. sind wieder voll im Trend. Zum Glück, denn Handarbeit kann mehr als nur hübsche Geschenke hervorbringen.

Text: Barbara Lang

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Falls Sie denken, Häkeln, Nähen & Co. seien nur nette Nebenbeschäftigungen, werden Sie hier eines Besseren belehrt.

Stricken, Häkeln, Schneidern – rund 1,94 Millionen Menschen haben 2020 mehrmals wöchentlich die Nadeln geschwungen, berichtet statista.com. Die neue Lust auf Handarbeitsprojekte wurde natürlich von der Pandemie angekurbelt, das ist klar. Aber auch schon in den Jahren zuvor hat das Hobby Handarbeit seinen einst eingestaubten Ruf abgeschüttelt. Unter dem Schlagwort DIY ist Selbermachen in allen Variationen auf dem Vormarsch.

Warum Hobby Handarbeit?

Die Handarbeitsbranche jubelt: 17,4 % mehr Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. Das sind 210 Millionen Euro mehr, die 2020 für Nähen, Stricken & Co. ausgegeben wurden, so der Branchenverband Initiative Handarbeit. Er kennt auch die Gründe für den Selbermachboom. Einer der wichtigsten: die reine Freude am Tun, also der Selbstzweck. Doch auch der Wunsch nach Nachhaltigkeit, Ausgleich, Selbstwirksamkeit und Individualität spielen eine große Rolle.

„Stricken ist das neue Yoga.“

Zitat aus der DIY-Community

Einer Erhebung des Branchenverbands zufolge handarbeiten 57 %, weil es Spaß macht. 45 % wollen etwas reparieren. 41 % widmen sich Handarbeitsprojekten, weil sie dabei entspannen und sich vom Alltagsstress ablenken können. 39 % möchten etwas mit den eigenen Händen fertigen und den Erfolg sehen. Und 37 % schätzen das individuelle Endergebnis, das dabei entsteht. Diese Aussagen zeigen schon, wie vielseitig gewinnbringend Handarbeiten sein kann.

Handarbeitsprojekte für die Balance

Sticken, Knüpfen, Punch-Needling, Makramee, Weben, Häkeln, Stricken – alte Handwerkstechniken treffen auf eine neue, junge Community. Das Internet bildet dabei den Treffpunkt – ein Pool voller inspirierender Handarbeitsideen und stolz präsentierter DIY-Lieblingsstücke: moderne Kreationen in charmant nostalgischem Look. Das steckt an und mobilisiert wiederum weitere User, mal (wieder) zu Nadel und Wolle oder auch zu Stift und Papier oder Hammer und Säge zu greifen. Ob selbst geknotete Blumenampel, schwungvoll gezeichnetes One-Line-Draw-Bild oder coole Palettenmöbel – kreatives Selbermachen setzt einen wohltuenden Gegenpol zu unserer betriebsamen, schnellen, digital dominierten Multitasking-Arbeitswelt.

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In Island ist es karg und kalt. Trotzdem gehören die Isländer zu den glücklichsten Menschen der Welt. Vielleicht weil dort auch gestresste Männer stricken?

Selbst gestrickte Gesundheit

Weil wir beim Handarbeiten einen Schritt nach dem anderen machen müssen und uns dabei nur auf diese eine Sache konzentrieren, können wir wunderbar runterfahren, abschalten und zur Ruhe kommen. Unser Zeitgefühl setzt aus, der berühmte Flow setzt ein. Der Rhythmus des Nadelklapperns wirkt geradezu meditativ auf uns, senkt Puls und Blutdruck – schon spricht man vom „ZEN des Strickens“. Innere Unruhe, Stress oder Wut verfliegen Masche für Masche und parallel dazu verknüpfen sich auch im Gehirn allerlei Synapsen. Das bestätigt nicht nur der 27-jährige britische Turmspringer Tom Daley, der kürzlich bei der Olympiade entzückte, als er in Pausenzeiten auf der Tribüne ein Täschchen für seine Goldmedaille strickte. Auch zahlreiche Studien unterstreichen die positiven Auswirkungen des Handarbeitens: beispielsweise, dass regelmäßiges Stricken und Häkeln bei Senioren das Risiko für Alzheimer-Erkrankungen um 40 % senke.

Entschleunigen: Mit Handarbeit setzen wir ein wohltuendes Gegengewicht zu Stress und anderen Herausforderungen.

Das manuelle, analoge Handarbeiten ist ein sinnliches und emotionales Vergnügen auf vielen Ebenen: Die Haptik erfreut sich an den Materialien, die Augen an einem stets sichtbaren Fortschritt und am Ende steht der Stolz auf die eigene Kreation. Selbstwirksamkeit – man weiß, was man getan hat – stärkt das Selbstbewusstsein! Überhaupt kommt man wieder weg vom blinden Konsumieren, ist hautnah am Herstellungsprozess beteiligt, macht sich Zusammenhänge wieder mehr bewusst und geht achtsamer mit Dingen um. Nie waren solche Bewusstseinsprozesse wichtiger als heute, wo wir mit Reparieren, Wiederverwerten und ressourcenschonendem Selbermachen viel zu einer besseren Umweltbilanz beitragen können. Wenn Sie also das nächste Mal hören (oder sagen) „Hab ich selbst gestrickt“, ist es Zeit für eine Portion Respekt und Stolz. Denn das Hobby Handarbeit ist ganz großes Kino!

Zur Autorin: Barbara Lang hat allerlei Depots mit Stoffen, Wolle, Holz und Farbe zu Hause. Früher oder später macht sie daraus schöne und nützliche Dinge für sich, Familie, Freunde und ihre Seelenbalance.

Stand: Oktober 2021

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