Augentest: Alle mal hinsehen!
Haben Sie Weitblick? In natura und Farbe? Vor Bildschirmen fehlt das Augen immer mehr. Augentests zeigen, wie sehr – und helfen bei der Früherkennung von Augenerkrankungen.
Text: Karen Cop
Unsere Augen funktionieren wie Lochkameras: Sie bündeln Lichtstrahlen so, dass sie auf der Netzhaut zusammentreffen. Die Iris arbeitet wie eine Blende: im Dunklen weitet, in hellem Licht verengt sie sich. Die Linse dahinter reguliert Nah- und Fernsicht.
Die Netzhaut besteht aus zwei Typen von Sinneszellen: rund sechs Millionen lichtempfindliche Zapfen für die Farberkennung und 120 Millionen Stäbchen, die im Dämmerlicht oder Dunklen sehen. In der Mitte der Netzhaut verdichten sich die Zellen zur Makula, dem Bereich des schärfsten Sehens.
Die Sehzellen setzen das Licht in Nervenimpulse um, die über den Sehnerv ins Gehirn gelangen. Dort erst entstehen Bilder: in Bruchteilen von Sekunden aus rund 10 Millionen Informationen in 600.000 Farbtönen – eine Höchstleistung, die kein Computer leisten kann.
Doch unsere Augen müssen dafür mit ausreichend Sauerstoff, Flüssigkeit und Nährstoffen versorgt sein. In Büro, Homeoffice und -schooling ist das kaum gegeben, vor Bildschirmen erstarren Augen geradezu: „Die Blinzelfrequenz wird etwa auf die Hälfte herabgesetzt, wenn wir am Bildschirm sitzen“, warnt Prof. Dr. med. Norbert Pfeiffer, Direktor der Augen- und Poliklinik der Uni Mainz.
Augenerkrankungen vorbeugen
Zu seltenes Blinzeln ist der häufigste Grund für trockene „Büroaugen“. Denn das Lid benetzt die Augenoberfläche, hält diese glatt und geschmeidig und spült Fremdkörper weg.
Zudem versorgt der Lidschlag die Hornhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen. Verändert sich die Zusammensetzung des Tränenfilms, kann die Augenoberfläche nicht mehr richtig versorgt werden. Die Folgen sind Schmerzen, Jucken und Tränen – „ein Gefühl wie Schleifpapier in den Augen“, erklärt Prof. Dr. med. Frank G. Holz, Vorsitzender der Stiftung Auge.
Es entstehen Entzündungen der Bindehaut, Sehstärke und Sehschärfe werden beeinträchtigt. Das von Smartphone-, TV- oder PC-Bildschirmen verströmte blaue Licht lässt die Augen schneller altern und fördert die Makuladegeneration, das heißt, wir verlieren Sehkraft an der Stelle des schärfsten Sehens.
Augentest für Netzhaut und Makula
Amsler-Gitter-Test heißt der gängigste Augentest zur Früherkennung von Krankheiten der Netzhaut, insbesondere der Makula. Er zeigt ein Gitter und einen Punkt und funktioniert wie folgt: Ein Auge abdecken und bei einem normalen Leseabstand mit dem anderen Auge den Punkt in der Mitte fixieren. Anschließend sollten Sie das andere Auge testen.
Wenn die Linien beim Augentest verschwimmen, sich graue Löcher oder Schleier zeigen, der schwarze Punkt in der Mitte nicht zu sehen ist oder die Kästchen nicht gleich groß aussehen, wird es Zeit, einen Termin beim Augenarzt zu vereinbaren. Der Augentest empfiehlt sich regelmäßig, denn im Frühstadium lässt sich auch eine Makuladegeneration behandeln – wenn nicht heilen, zumindest aufhalten! Beim DBSV, dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V., finden Sie ein kostenloses Amsler-Gitter.
Tests zu Weit- und Kurzsichtigkeit
Im Pandemiejahr 2020 wurde in China eine Studie zur Kurzsichtigkeit bei sechs- bis achtjährigen Kindern durchgeführt. Ergebnis: Die Kurzsichtigkeit nahm im Lockdown deutlich zu.
Hintergrund: Die Augäpfel wachsen bei Kindern noch, je mehr sie nah sehen, desto länger werden sie. „Wenn der Augapfel im Kindesalter falsch gewachsen ist und sie kurzsichtig sind, lässt sich dies später nicht mehr umkehren“, führt Prof. Dr. med. Christian Ohrloff, Mediensprecher der Stiftung Auge, aus.
Kurzsichtigkeit zeigt sich beim Augenoptiker oder Augenarzt bei einem Augentest mit Zahlenreihen, die nach unten hin kleiner werden. Dabei wird ein Auge zugehalten, während das andere nach unten wandernd versucht, alles zu erkennen. Um die Nahsichtstärke zu testen, empfiehlt sich ein Abstand von 30 bis 40 Zentimetern. Um die Weitsichtstärke zu erkennen, sollte der Abstand zu den Zahlen ca. fünf Meter groß sein.
Augentests beim Augenoptiker, jetzt auch in 3-D
Der Augenoptiker nutzt zur Messung von Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit ein Autorefraktometer. Dabei schauen Sie in ein Gerät und sehen z.B. einen Ballon am Ende einer Straße – mal verschwommen, mal scharf. Den Brechwert der Augen messen Infrarotstrahlen. Bei Kurzsichtigkeit liegt der Brennpunkt vor der Netzhaut, bei Weitsichtigkeit hinter der Netzhaut.
Gibt dieser kurze Augentest einen Anhaltspunkt für eine Fehlsichtigkeit, führt der Augenoptiker eine Sehstärkenbestimmung mithilfe von Augengläsern in Dioptrien durch. Je nachdem, ob diese im Minus- (kurzsichtig) oder Plusbereich (weitsichtig) liegen, empfiehlt er eine Sehhilfe, die auch individuelle Besonderheiten berücksichtigt, z.B. eine Hornhautverkrümmung oder eine Altersweitsichtigkeit zu einer bestehenden Fehlsichtigkeit und die Empfehlung für eine Gleitsichtbrille.
Farberkennung mit dem Farbsehtest
Haben Sie schon einmal bunte Kreise gesehen, in denen viele grüne Punkte sind, aus denen heraus rote Zahlen funkeln? Dann haben Sie bestimmt keine Rot-Grün-Sehschwäche, denn die zeigt der sogenannte Ishihara-Sehtest.
Der Rot-Grün-Sinn ist am häufigsten betroffen, weil unsere Farbwahrnehmung auf den Farben Rot, Grün und Blau beruht. Bei einer Farbschwäche können die Betroffenen die Farbtöne weniger gut unterscheiden.
Ein guter Bildschirm hilft dabei, auch in der vierten Stufe noch etwas zu erkennen. Oder vielmehr: Ihre Augen bedanken sich grundsätzlich für große, hochpixelige Displays sowie den richtigen Abstand dazu, nämlich 50 bis 80 Zentimeter bei einem leicht gesenkten Blick.
Video
Hier können Sie herausfinden, ob Sie dazugehören oder gar ein Tetrachromat sind, ein Mensch mit besonders ausgeprägter Farbwahrnehmung:
Yoga für die Netzhaut
Alles gut gelaufen mit den Augentests, aber jetzt möchten Sie Ihren Augen für die Zukunft etwas Gutes tun, zumal nach dem Auf-den-Bildschirm-Starren? Palmieren empfahl der Erfinder des Augentrainings, Augenarzt William Bates, schon vor über 100 Jahren.
So geht’s: Reiben Sie die Hände kräftig aneinander. Schließen Sie die Augen locker und bedecken Sie jedes Auge mit einer leicht gewölbten Hand – kurz innehalten, der entspannenden Energie nachspüren und nochmals die Hände reiben, insgesamt zwei bis fünf Minuten lang. Hier ist ein Video zum Mitmachen dazu.
Auch Augenyoga hilft bei der Erholung nach einem langen Homeofficetag. Und das bedeutet die 20-20-20-Regel für den Arbeitstag: Alle 20 Minuten 20 Sekunden lang auf etwas schauen, das mindestens 20 Fuß (etwa sechs Meter) entfernt ist. Und immer daran denken: blinzeln, blinzeln, blinzeln!
Zur Autorin: Karen Cop freut sich schon auf den Frühling, wenn die Natur wieder farbig blüht und sie in die Ferne radeln kann, denn im Dunklen sieht sie kaum besser als ein Maulwurf: hell und dunkel – reinstes Stäbchensehen!
Stand: Februar 2022
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