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Grenzen setzen

„Halt! Grenze! Betreten verboten“ – manchmal möchte man sich so ein Schild um den Hals hängen. Wie eine gesunde Abgrenzung besser gelingt …

Text: Barbara Lang

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Die eigenen Grenzen zu kennen und einzufordern, aber auch die Grenzen anderer zu akzeptieren – gar nicht so leicht. Aber wichtig für ein gutes Miteinander!

Wenn der neue Auftrag sich mal wieder nur in einer Nachtschicht bewerkstelligen lässt, der Chef einem in der Kaffeeküche unangenehm nah kommt oder Kolleginnen übereinander lästern. Wenn die Badewanne so verlockend ruft, aber die Nachbarin darum bittet, ihren Hund noch auszuführen. Wenn der Bruder sein Training absagen muss, weil seine Frau vergessen hat, dass sie die Kinder ins Bett bringen sollte. Oder wenn die 16-jährige Tochter um 2 Uhr nachts das Mama-Taxi ruft …

Kennen Sie solche oder ähnliche Situationen auch? Sie sind so unterschiedlich wie die Lebensbereiche, in denen sie stattfinden – und dennoch haben sie ein gemeinsames Grundthema: Grenzen setzen!

Grenzen zu setzen, ist nicht einfach

Wer Grenzen setzen will, muss lernen, Nein zu sagen oder Stopp! Nein zu einer Bitte, einer Forderung oder einem zur Selbstverständlichkeit gewordenen Gefallen. Stopp zu einer unerwünschten Handlung oder unangenehmen Äußerung. Dies fällt uns oft nicht leicht.

„ 'Nein' ist ein kompletter Satz. Er braucht weder Erklärung noch Rechtfertigung.“

Lebensweisheit

Wir wissen: Grenzen bergen Konfliktpotenzial, vor dem wir uns scheuen. Sie sind individuell und situationsabhängig unterschiedlich und können deshalb zu Miss- und Unverständnis führen. Was ich bereits als Grenzüberschreitung empfinde, kann für einen anderen noch völlig im grünen Bereich liegen. Ein Dilemma – aber eins, das sich durch Selbstreflexion und Kommunikation lösen lässt.

Eigene Grenzen erkennen und einfordern

Warum ist es überhaupt nötig, Grenzen zu setzen? Leben wir nicht viel harmonischer, wenn wir den anderen geben, was sie wollen? Eher nicht. Denn unsere inneren und äußeren Grenzen signalisieren unsere ganz persönlichen Bedürfnisse – nach Ruhe und Privatsphäre, nach Aktivität und Gemeinsamkeit, nach Selbstbestimmung und Anerkennung …

Wenn wir selbst immer wieder unser Limit ignorieren oder ständige Grenzüberschreitungen tolerieren, missachten wir unsere Bedürfnisse. Reflexartiges Ja-Sagen bedeutet automatisch, Nein zu sich selbst zu sagen. Dies kostet Energie und führt auf Dauer zu großer Erschöpfung.

Gesunde Grenzen hingegen zeigen auf, wo unser individuelles Hoheitsgebiet verläuft, in dem nur wir bestimmen. Wir haben das Recht und die Verantwortung, unsere Mitmenschen anzuhalten, diesen Ich-Bereich zu respektieren, sollten dasselbe aber auch anderen entgegenbringen.

Mal wieder zu viel aufgeladen? Dann helfen vielleicht ein paar kritische Fragen – siehe unsere Tipps am Ende dieses Artikels

Meine Grenze, deine Grenze – ein dauernder Lernprozess

Überhaupt: Respekt! DAS Schlüsselwort, wenn es um Abgrenzung geht. Individuelle Grenzen anzuerkennen und einzuhalten, erfordert einen grundsätzlich respektvollen Umgang miteinander. Und auch, wenn uns ein Grenzübertritt passiert und uns das „Stoppschild“ gezeigt wird, sollten wir das respektieren können.

Ob in der Partnerschaft, der Familie, im Freundeskreis oder Arbeitsleben – Abgrenzung ist ein andauernder Prozess, an dem im Idealfall mindestens zwei interessiert und beteiligt sind. Den eigenen Grenzverlauf immer wieder zu hinterfragen, sich neu zu positionieren und zu kommunizieren, erfordert Mut, Konfliktfähigkeit, Selbstbewusstsein – und gelingt am besten, wenn man dabei freundlich, aber bestimmt bleibt. Ebenso wichtig ist es aber auch, eigene Verhaltensmuster zu reflektieren und die Grenzen anderer zu spüren und tolerieren.

„Mauern lassen alle draußen. Grenzen erlauben es, die richtigen Menschen einzulassen.“

Lebensweisheit

Gesunde Grenzen zu ziehen, hat viel mit Selbstwertgefühl und Selbstliebe zu tun. Achtsamkeit, Körper- und Selbstwahrnehmung gehören deshalb zum Lernprozess dazu. Und so manche Frage kann beim Grenzenfinden und -durchsetzen hilfreich sein.

Video

„Nein heißt Nein …“ – dieses Motto ist gerade für junge Frauen wichtig, um sich vor sexueller Belästigung zu schützen. Über ihre Erfahrungen dazu berichten einige in diesem Video.

11 hilfreiche Fragen für die gesunde Abgrenzung

  • Welche Handlungen sind für mich akzeptabel und welche nicht?
  • Wo liegen meine eigenen Prioritäten und welche Kapazitäten habe ich für andere frei?
  • Gibt mir mein Bauchgefühl ein Okay oder ein Warnsignal?
  • Will ich immer perfekt sein und habe ich entsprechende Glaubenssätze verinnerlicht?
  • Sind Geben und Nehmen in den jeweiligen Beziehungen einigermaßen ausgeglichen?
  • Fühle ich mich ausgenutzt, ausgelaugt oder gar manipuliert, unterdrückt?
  • Erfülle ich meine Erwartungen oder die der anderen?
  • Gehe ich respektvoll mit meinen Mitmenschen um und bringen sie mir auch Respekt entgegen?
  • Sage ich Ja, weil ich es möchte, oder aus Höflichkeit oder Angst?
  • Was passiert, wenn ich Nein sage?
  • Habe ich gute Vorbilder, von denen ich lernen kann, Grenzen zu ziehen?

Und ein weiterer Tipp zum Schluss: Ob Ja oder Nein – lassen Sie sich Zeit mit der Antwort und spüren Sie erst, was Ihr innerer „Grenzposten“ sagt.

Zur Autorin:  Barbara Lang ist Journalistin und Werbetexterin. Sie kennt das Problem, nicht so gut Nein sagen zu können. Ihre typische Falle: Es fühlt sich erst gut an, gebraucht zu werden und gefragt zu sein – bis sie sich über sich selbst ärgert.

Stand: Februar 2022

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