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Skoliose: Behandlung und alles Wissenswerte

Eine Verkrümmung oder Verdrehung der Wirbelsäule wird meist in der Pubertät entdeckt – und früh behandelt! Ein Bericht über das Leben mit Skoliose und die Möglichkeiten der Skoliose-Behandlung unserer BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER Versicherten Theresia Striepens.

Text: Karen Cop

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Skoliose ist vor allem im Kinder- und Jugendalter gut behandelbar und die Verkrümmung der Wirbelsäule bis hin zum Rippenbuckel kann oft gestoppt werden. Notfalls hilft eine Operation.

Die Verformung im Röntgenbild

„Skoliose“ kommt von dem griechischen Wort „krumm“ und das ist die Wirbelsäule von Lebewesen mit Skoliose auch. Sie lesen richtig, nicht nur Menschen, auch Wirbeltiere können eine verkrümmte Wirbelsäule haben. Diese biegt sich zur Seite statt natürlich nach vorne und hinten, manchmal in Form eines „C“, öfter „S“ oder Doppel-S mit zwei „s“ übereinander.

Dadurch steht eine Schulter höher als die andere. Und die Rotation schreitet voran: Die Wirbelkörper drehen sich um die Längsachse der Wirbelsäule. Je mehr sie das tun, desto schwieriger wird es, eine gerade, aufrechte Haltung einzunehmen.

3 bis 5 % der Bevölkerung in Deutschland leiden unter einer Skoliose, manche wenig, andere mehr, es gibt viele Abstufungen oder vielmehr den Cobb-Winkel, mit dem der Verkrümmungswinkel ausgedrückt wird: Ab 10 bis 20 Grad wird von einer leichten Skoliose gesprochen, von 20 bis 40 Grad von einer mittleren und ab 40 Grad von schwerer Skoliose.

„Das Befinden der Patienten hängt einerseits vom Grad der Verkrümmung ab“, erklärt Prof. Dr. Tobias Schulte, Direktor des universitären Fachbereichs Orthopädie im St. Josef-Hospital Bochum und international anerkannter Experte, der seit vielen Jahren auf Wirbelsäulenerkrankungen wie Skoliose spezialisiert ist.

„Allerdings empfinden verschiedene Patienten selbst sehr ähnliche Deformitäten nicht unbedingt als gleichermaßen belastend – es hängt auch von der individuellen Verfassung und zahlreichen weiteren Faktoren ab. Im Röntgenbild ist also nicht zwingend zu erkennen, wie sich ein Patient fühlt.“

Wachstumsschübe in der Pubertät

Eine Säuglingsskoliose wird oft bei der Früherkennung entdeckt: Der Arzt hält das Baby an den Füßen fest und lässt es nach unten hängen, sodass die Wirbelsäulenform gut zu sehen ist. Bis zu 96 % der Säuglingsskoliosen bilden sich jedoch wieder zurück.

Die meisten Skoliosen entstehen während der Wachstumsschübe in der Pubertät. „Von allen 10- bis 14-jährigen Jugendlichen haben rund 4 bis 4,5 % eine Skoliose, das heißt 4 von 100 Jugendlichen. Mädchen sind 4- bis 5-mal häufiger betroffen als Jungen, bei schweren Skoliosen sogar 8-mal häufiger“, meldet der Bundesverband Skoliose-Selbsthilfe e.V., der neben Hilfsangeboten Aufklärungsarbeit leistet. Gemeint ist damit die häufigste Form, die idiopathische Skoliose, heißt: Ursache unbekannt. Genetische Faktoren spielen wohl eine Rolle.

Fakt ist: Je früher mit einer Therapie begonnen wird, desto besser kann ein Fortschreiten der Erkrankung gebremst werden, denn, so der Bundesverband: „Eine Skoliose hat man ein Leben lang. Skolioseverkrümmungen können im Laufe des Lebens zunehmen. Besonders groß ist das Risiko einer Krümmungszunahme während des Wachstums.“ Verschlechtert sich der Krümmungswinkel im Erwachsenenalter, steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer schmerzhaften Veränderung und Einschränkung innerer Organe, auf die die Wirbelsäule drückt.

Die meisten Skoliosen zeigen sich bei Mädchen in der Pubertät.

Die Wirbelsäule stabilisieren

Theresia Striepens ist 59 Jahre alt, Fachdienstleiterin im Jugendamt, Versicherte der BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER, eine sehr engagierte und sportliche Frau. Sie erzählte uns von ihrem Leben mit Skoliose. „Meine Eltern haben die Verkrümmung früh bemerkt, keine schlimme Graduierung, aber ich bekam zur Prophylaxe ein Milwaukee-Korsett.“ Das war leider nicht mit den heutigen Korsagen vergleichbar; es hatte außen noch eine Stange. Als Theresia Striepens ins Teenageralter kam und die Partyzeit begann, hatte sie genug davon: „Die ersten Wrangler-Jeans kamen auf und ich konnte sie nicht tragen, nichts mitmachen.“ Sie verweigerte das Tragen des Korsetts.

Zum Glück für jüngere PatientInnen sind Skoliosekorsetts heute Orthesen, die individuell beim Orthopädietechniker angefertigt werden, größtenteils aus Kunststoff. Die Orthese legt sich um den Rumpf und übt in manchen Bereichen gezielt Druck auf die Wirbelsäule aus, während andere Zonen luftig sind. So lenkt sie idealerweise noch während des Wachstums die Wirbelsäule und richtet sie auf.

Denn nach wie vor empfiehlt sich das konsequente Tragen eines Korsetts als einer der wichtigsten Bestandteile der konservativen Therapie gegen Skoliose und es gilt: Je früher, besser und intensiver die Behandlung beginnt, desto größer sind die Chancen, ein Fortschreiten der Skoliose zu verhindern.

Die Wirbelsäule (s/w-Foto) von Theresia Striepens drückte schmerzlich auf die inneren Organe, sie konnte kaum noch sitzen. Seit ihrer Operation kann sie aber nun endlich wieder am normalen Leben teilnehmen.

Video

In diesem vom Bundesverband Skoliose-Selbsthilfe e. V. produzierten Film zeigen jugendliche Patentinnen ihren persönlichen Umgang mit Skoliose. Ihre Botschaft: Nehmt die Diagnose und die Therapien sehr ernst! Ihr könnt aber weiter euer Leben leben.

Stärkung für die Rückenmuskulatur

Bei allen Wirbelsäulenerkrankungen, aber besonders bei Skoliose ist ein Training der Rückenmuskeln wichtig, damit sich die Muskeln nicht auf der einen Seite verkürzen. Sie sollten stets ausbalanciert bleiben oder werden. Ein starkes Muskelkorsett stützt die Wirbelsäule und richtet sie immer wieder auf. Bei der Behandlung von leichter Skoliose bis zu einem Krümmungswinkel von 20 Grad Cobb reicht eine gezielte Krankengymnastik meist aus, um die Wirbelsäule zu stabilisieren und ein Fortschreiten der Verkrümmung zu verhindern.

Bewährt hat sich die Schroth-Therapie. Katharina Schroth litt als Jugendliche selbst unter Skoliose, später entwickelte sie Übungen, die sie Atmungs-Orthopädie nannte und die ihre Tochter mit weiterentwickelte zur dreidimensionalen Skoliosebehandlung.

Übung zur Stärkung

Eine Übung nach Schroth zur Aufrichtung der Wirbelsäule geht beispielsweise so: Nehmen Sie zwei gleich lange Stöcke oder Stäbe (z. B. Besenstiele). Setzen Sie sich mit aufgerichtetem Rücken auf den Boden; wenn das zu ungemütlich ist, am besten auf ein Keilkissen. Stellen Sie die Stäbe mit ein paar Zentimetern Abstand neben Ihren Hüften auf. Die Hände sollten auf Kopfhöhe sein, die Arme leicht angewinkelt. Drücken Sie die Stäbe in den Boden, räkeln Sie den Oberkörper nach oben und drücken Sie Ihre rechte Pobacke in den Boden. Die Spannung halten, locker lassen. Dann die Räkelübung mit der linken Pobacke ausführen. Die Schroth-Übungen werden mit bewusster Atmung kombiniert. Am besten zunächst mit einem Therapeuten einüben!

Video

Skoliose-Gym: Dieses Video des Bundesverbands Skoliose-Selbsthilfe e.V. zeigt, welche manuellen Therapien möglich sind, sowie Übungen nach Katharina Schroth.

Skoliosebehandlung – Operieren als letzte Lösung

Auch Theresia Striepens hat ihr Leben lang gerne und viel Sport gemacht: „Ich bin Marathonläuferin.“ Erst um die 40 entwickelte sich eine Graduierung von 30 Cobb. Nach ihrem 50. Geburtstag wurde es schlimmer. Sie trug wieder ein Korsett, machte eine Körpertherapie nach Feldenkrais gegen Schmerzen, doch die Wirbelsäule rotierte trotzdem weiter. „Ich hatte schließlich 56 Grad, der Verlauf war schwer. Anders als bei jungen Menschen im Wachstum konnten meine Organe nicht dynamisch reagieren, die Wirbelsäule quetschte die Lunge ein.“ Theresia Striepens hatte ständig Schmerzen, konnte keine zwei Stunden lang sitzen. Dabei spielt sie Gitarre und Klavier; sie und ihr Mann laden gerne Familie und Freunde ein. „Wir spielen Doppelkopf und Rummy Cup – ging alles nicht mehr.“

Eine Operation ist in einem solchen Fall der mögliche Ausweg: eine sogenannte Versteifungsoperation. Dabei wird die Wirbelsäule mit Stangen und Schrauben wieder aufgerichtet. „Mein Implantatepass geht über acht Klappseiten und liest sich wie ein Einkaufszettel für den Baumarkt“, lacht Theresia Striepens. Seit ihrer Operation ist ein Jahr vergangen. Sie hat inzwischen gelernt, sich etwas anders zu bewegen, z. B. in die Hocke zu gehen, wenn sie etwas aufheben möchte, aber sie „kann wieder alles machen“.

Ihre Knochendichte um die operierten Wirbel nimmt weiter zu. Bald möchte sie auch wieder Rad fahren: „Das klappt im Fitnesscenter sehr gut.“ Sie ist voll des Lobes für ihren Chirurgen und für ihre Krankenkasse: „Die hat mich so toll unterstützt mit Physiotherapie, Krankengeld und freundlicher Betreuung!“ Theresia Striepens kann deshalb anderen schwer an Skoliose erkrankten Menschen „nur Mut!“ machen: „Die Operation war die Eintrittskarte in ein normales Leben, das ich nicht mehr hatte!“

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Zweitmeinung einholen!

Patienten haben das Recht, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen, wenn ihr Arzt eine so schwere Operation wie eine Rückenversteifung vorschlägt. Das Programm und die Leistungen Ihrer BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER finden Sie hier.

Mehr Infos

Zur Autorin: Karen Cop hat als Gesundheitsjournalistin viele Krankheitsbilder genau betrachtet. Seitdem sie jedoch eine von Skoliose gekrümmte Wirbelsäule sah, ist sie froh über ihr Bürokreuz, das nur manchmal ziept und sich mit Rückengymnastik beruhigen lässt.

Stand: Oktober 2022

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