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Gesund

Ein Hüftgelenk aus dem 3D-Drucker?

Hüftgelenke aus dem 3D-Drucker sind keine Zukunftsmusik: Hüftpfannen und -köpfe können gedruckt werden. Hintergründe zur Technik und einer passgenauen Hüftoperation.

Text: Cora Keller

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Künstliche Herzen sind noch nicht auf dem Markt, aber Knochenteile und Hüftprothesen können sogar gedruckt werden: dreidimensional und passgenau.

Zähne, Wirbel oder gar ein neues Herz aus dem 3D-Drucker? Das ist für viele Menschen leicht verrückte Zukunftsmusik. Doch schon 2019 kam ein Miniherz aus dem Drucker von Prof. Tal Dvir, Universität Tel Aviv. Und die „additive Fertigung“, wie Fachleute den 3D-Druck nennen, ist eine innovative Technologie, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Sie ermöglicht es, dreidimensionale Dinge zu schaffen, die vollkommen nach persönlichen Bedürfnissen gefertigt sind. Menschen wie Wilfried Vancraen, Bioingenieur und CEO von Materialise, arbeiten seit 1990 an ihrer Vision: „der Entwicklung innovativer Produkte, die ultimativ zu einer besseren und gesünderen Welt führen“. Knie, Schädelimplantate und Hüftprothesen gehören seit Anfang der 2000er-Jahre zum Firmenrepertoire. 

Mithilfe einer speziellen Software wird im Computer das passgenaue Modell festgelegt, das der 3D-Drucker anschließend mit den gewünschten Materialien Schicht um Schicht druckt.

3D-Druck-Prothese und Hüftgelenk

Die Hüfttotalprothese zur Behandlung der schmerzhaften Hüftarthrose ist eine der erfolgreichsten Operationen überhaupt. Dabei wird ein Prothesenschaft in den Oberschenkelknochen eingesetzt, der geschädigte Hüftkopf entfernt und ein neuer in die Hüftpfanne eingesetzt. Den Krankheiten entsprechend gibt es unterschiedliche Prothesen aus verschiedenen Materialien – meist Keramik, Metalle, Kunststoffpolymere, manchmal Zement. Sie werden so zusammengestellt, dass sie gleiten, langsam abnutzen und gut einwachsen. Die Ärzte suchen die passendste Hüftprothese für den Patienten aus. Individuell gefertigte Prothesen werden derzeit nur in schweren Fällen eingesetzt, weil sie sehr aufwendig sind. Das könnte sich in Zukunft mit passgenauen 3D-gedruckten Implantaten ändern.

So funktioniert die Drucktechnik

Die Anfertigung einer passgenauen Hüftprothese geschieht mittels der additiven Fertigung, das heißt: Schicht für Schicht werden die Materialien mithilfe von Spritzdüsen aufeinandergelegt. Damit der 3D-Drucker auch wirklich die Individualprothese aus den flüssigen oder festen Werkstoffen formt, die der natürlichen, porösen Knochensubstanz so weit wie möglich ähneln, muss dem Prozess eine entsprechende Programmierung des Druckers vorausgehen. Die schichtweise Herstellung dauert zehn Tage bis sechs Wochen.

Video

Interessant – so sieht ein Hüftgelenk aus dem medizinischen 3D-Drucker aus:

Schmerzfrei dank 3D-gedrucktem Hüftgelenk

Endlich schmerzfrei gehen dank Hüftprothesen aus dem medizinischen 3D-Drucker können Menschen wie Antzelina Kesidi. Ihr wurde im Jahr 2017 in den Helios-Kliniken in Hildesheim ein auf sie zugeschnittenes Implantat eingesetzt. Die 43-jährige Mutter litt unter einer angeborenen Fehlbildung, hatte schon beidseitig Hüft-OPs hinter sich und kam mit Gehhilfen ins Krankenhaus. „Jetzt bin ich das erste Mal nach einer Operation schmerzfrei. Es hat sich gleich richtig angefühlt“, bestätigt sie den Erfolg. Auch andere schwere Fälle wie beispielsweise Unfallopfer, die eine komplexe Hüftoperation benötigen, können bereits von individualisierten Hüftprothesen profitieren.

Dreidimensionale Analyse, Planung und Design

Der 3D-Anfertigung geht eine exakte 3D-Analyse voraus. Mittels Computertomografie (CT) und einer speziellen Lasertechnik kann eine anatomisch genaue Nachbildung des Beckens des Patienten aus Kunststoff erstellt werden. Um die passenden Stellen zum Befestigen des Implantats zu finden, wird die Knochendichte des Beckens digital vermessen. Dementsprechend kann der 3D-Drucker dann aus Titan z.B. Hüftkopf und -pfanne frei formen, die an den Beckenknochen befestigt werden und anwachsen können. Aber auch ein Beckenteilersatz ist möglich.

Hüftoperation – klassisch oder minimalinvasiv?

Hüftoperationen gehören mit rund 200.000 pro Jahr zu den häufigsten in Deutschland. Bei der klassischen Hüftoperation setzt der Operateur zunächst einen Schnitt am seitlichen und hinteren Oberschenkel. Bei einer minimalinvasiven erfolgt der Schnitt durch die hintere Gesäßmuskulatur. Bei der Schnittführung durch den vorderen Zugang gelangt der Operateur zwischen den Muskeln hindurch an das Operationsgebiet. Die Eingriffe dauern normalerweise zwischen 45 und 75 Minuten. Der Unterschied: Bei der minimalinvasiven Endoprothetik wird nicht nur auf einen möglichst kurzen Hautschnitt geachtet, sondern vor allem auf die maximale Schonung von Muskulatur und Gewebe.

Wann braucht ein Patient ein Implantat?

Die meisten Hüftoperationen sind ein Routineeingriff, der aufgrund von Hüftarthrosen im Alter und damit verbundenen Schmerzen beim Gehen nötig wird. Weitere Erkrankungen oder Vorschädigungen, die einen Eingriff nötig machen, sind eine angeborene Hüftdysplasie, die zu Hüftverrenkungen führen kann, oder eine Hüftkopfnekrose, bei der Knochenzellen im Oberschenkelkopf absterben. Im Allgemeinen können diese Operationen gut geplant werden. Dagegen müssen Oberschenkelhalsbruch oder Unfallschäden baldmöglichst behandelt werden, und der schnelle 3D-Druck könnte helfen. Bislang gehört die neue Technik jedoch noch nicht zum Standard der Kliniken für Endoprothetik, weil die Geräte selten und teuer sind.

Zur Autorin: Cora Keller ist fasziniert von den Möglichkeiten neuer Gesundheits- und Medizintechnik. Sie ist aktuell begeistert von Kunstlinsen wie die ihrer Eltern, die jetzt plötzlich wie Adler sehen können.

Stand: Dezember 2020

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