Muskelaufbau und Ernährung: Darauf kommt es an
Wer Muskulatur aufbauen will, sollte seine Muskelzellen effektiv füttern: mit leckeren Proteinen und Makronährstoffen im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung. So geht’s:
Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:
Mehr Muskelmasse mithilfe von Shakes & Co. versprechen zwar viele Hersteller zum Kraftsport, aber Muskelwachstum funktioniert auch ganz natürlich: gesund und günstiger.
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Zahlen und Fakten zu unserer Muskulatur
Stark: Ein Mensch hat zwischen 639 und 656 Muskeln. Der kleinste ist der nur 0,3 mm lange Steigbügelmuskel im Ohr, der größte sitzt am Po. Muskeln sorgen für unsere Mimik, pumpen Blut durch den Körper, die Zunge ist ein Muskel.
Fachleute unterscheiden zwischen glatter und quer gestreifter Muskulatur. Mit glatten Muskeln funktionieren unsere Organe, der Darm beispielsweise verdaut. Die quer gestreifte Muskulatur bringt unseren Körper in Bewegung, vor allem unser Skelett: Rund 400 Muskeln sind dafür verantwortlich, dass wir laufen und kraftvoll zupacken, das Gleichgewicht halten oder Fett verbrennen.
Diese Muskelmasse macht zwischen 20 und 40 % unseres Körpergewichts aus, je nachdem, ob Sie weiblich oder männlich, trainiert oder untrainiert sind. Letzteres entscheiden Sie selbst: durch Sport und Nahrung.
Muskeln sind immer in Bewegung und haben Hunger
Ein Muskel wächst nicht durch Zellteilung, er wird stärker, wenn seine Fasern sich verdicken. Muskelaufbau macht natürlich nicht nur aus optischen Gründen Sinn. Skelettmuskeln unterstützen die Leistungsfähigkeit des Körpers, stärken die Wirbelsäule, helfen dem Herzen beim Pumpen. Muskelaufbau beginnt, wenn die Belastung über das normale Niveau steigt: Trainingsreize führen zu einer Verdickung der Muskelzellen und -fasern, Kraftsportler nennen den Vorgang Hypertrophie.
Mit den Muskeln wächst der Hunger, denn sie sind wie Motoren: Ohne Brennstoffe geht gar nichts. Selbst in Ruhe verbrennen Muskeln Kalorien, auch im Schlaf. Wer mehr Muskeln hat, kann es sich also öfter schmecken lassen, ohne Fett anzusetzen, oder auf dem Sofa liegend Fett verbrennen. Am besten schmecken den Muskeln wertvolle Proteine, die sie nicht nur wachsen lassen, sondern auch kleine Reparaturarbeiten erledigen. Zu den Proteinen gleich mehr.
Zunächst noch eine Anmerkung, warum es so wichtig ist, spätestens ab dem 30. Geburtstag mit viel Bewegung und dem richtigen Muskelfutter für ein ausgewogenes Muskelwachstum zu sorgen, denn ab 30 baut der Körper Muskeln in Fettgewebe um, etwa 0,3 bis 1,3 % im Jahr. „Unternimmt man nichts dagegen, gehen so rund 30 bis 50 % der Muskelmasse bis zum 80. Lebensjahr schleichend verloren“, warnt Professor Dr. med. Cornel C. Sieber, Internist und Direktor des Instituts für Biomedizin des Alterns der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Die WHO empfiehlt allen Erwachsenen von 18 bis 64 Jahren – auch Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen –, jede Woche mindestens 150 bis 300 Minuten moderat aktiv zu sein oder 75 bis 150 Minuten schweißtreibend sportlich. Menschen ab dem 65. Lebensjahr sollten erst recht ihre Muskelkraft stärken, damit die Muskeln die Knochen stützen und sie besser im Gleichgewicht bleiben. Ihr Tipp: Krafttraining an mindestens drei Tagen in der Woche!
Das gilt ebenso für Menschen mit vorwiegend sitzenden Tätigkeiten. Sportwissenschaftler Prof. Dr. Niels Nagel: „Wenn der Alltag lange Zeiten körperlicher Inaktivität enthält, sollte an zwei Tagen pro Woche zusätzlich muskelkräftigendes Training für alle größeren Muskeln durchgeführt werden.“
Protein und Muskelaufbau
„Proteine sind wichtige Bausteine im Stoffwechsel von Muskeln, Knochen und Bindegewebe“, klärt die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) auf. Wer sein Muskelwachstum ankurbeln will, sollte deshalb sein Training verändern oder steigern und „seine Proteinzufuhr erhöhen.“ Die DGE empfiehlt Sportlerinnen und Sportlern, die mehr als fünf Stunden pro Woche trainieren, „abhängig von Trainingszustand und Trainingsziel eine Proteinzufuhr von 1,2 bis 2,0 Gramm Proteine pro Kilogramm pro Tag“.
Also her mit den vielversprechenden Proteinshakes und Powerpulvern? Antje Gahl, Pressesprecherin der DGE: „Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind High-Protein-Produkte überflüssig. Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte.“ Auch „hoch verarbeitete Produkte wie Chips und Schokoriegel sind kein „gesunder Genuss“, nur weil viel Protein zugesetzt wurde“. Wenn die Nahrung zu eiweißreich wird, haben die Nieren unnötig viel zu tun, um überschüssige Proteine wieder auszuscheiden.
Lieber zu natürlichen Proteinquellen greifen! Laut Expertise der DGE ist „eine Mischung verschiedener Proteinquellen mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Resorptionsgeschwindigkeit die beste Wahl“. Hochwertige natürliche Proteinquellen sind Milchprodukte wie Quark, Fisch, (möglichst kein rotes) Fleisch und auch Hülsenfrüchte, die gut kombiniert werden können, um für eine anhaltende Sättigung und Proteinzufuhr zu sorgen, zum Beispiel Ofenkartoffeln mit Quark, Vollkornbrot mit Nussmus, Linseneintopf oder Shakshuka mit Eiern.
Proteinreiche Ernährung für Ältere, Vegetarier, Veganer
Ältere Menschen haben übrigens einen niedrigeren Energiebedarf, brauchen aber eine höhere Nährstoffdichte, denn ihr Muskelstoffwechsel verändert sich. Laut DGE „scheint der Bedarf an Proteinen im Alter höher zu sein als im mittleren Erwachsenenalter, um die Funktion der Muskulatur aufrechtzuerhalten“. Sie empfiehlt „eine Anpassung der Proteinzufuhr auf 1,2 bis 1,5 g hochwertiges Protein pro Kilogramm Körpergewicht“. Kraftsportler nehmen 1,6 bis 2,2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich.
Damit ist kein Backhühnchen täglich gemeint. Im Gegenteil zeigen Studien heute, dass pflanzliche Proteinquellen viele Vorteile haben. Ein Zitat aus dem Positionspapier Sport der DGE: „Neben der Proteinmenge ist die Proteinqualität von Bedeutung. Lebensmittel sollten so kombiniert werden, dass ein möglichst hoher Anteil an unentbehrlichen Aminosäuren erreicht wird. Derzeit besteht keine Evidenz, dass tierische Proteine gegenüber pflanzlichen Proteinen einen eindeutigen Vorteil bringen. Im Gegenteil: Ein höherer Anteil an pflanzlichen Proteinquellen ist eher positiv zu beurteilen, da dieser meist mit einer höheren Ballaststoff-, Kohlenhydrat- und Vitaminzufuhr und gleichzeitig weniger gesättigten Fettsäuren einhergeht.“ Zu den wertvollen pflanzlichen Proteinquellen zählen Gemüse wie Brokkoli sowie Nüsse, Hülsenfrüchte, Samen und Soja.
Video: Gesundes Eiweiß für Muskelaufbau und Fettabbau
Was ist Eiweiß eigentlich, warum und wofür brauchen wir es? Dr. Julia Fischer erklärt in diesem Beitrag von „ARD Gesund“, wie unser Körper aus Aminosäuren Proteine baut, wie hoch unser Bedarf von der Kindheit bis ins hohe Alter ist, und empfiehlt als Ärztin Proteinquellen mit hoher Qualität.
Mikro- und Makronährstoffe für die Muskelzellen!
Nicht nur Proteine, auch Fette und Kohlenhydrate gehören zu den Nährstoffen, die dem Körper Energie liefern. Unser Organismus braucht sie in größeren Mengen. Diese Grundbausteine der Ernährung werden in der Fitnessszene Makros genannt. Im Gegensatz zu Mikros, den Mikronährstoffen, von denen wir geringere Mengen benötigen, obwohl sie ebenso wichtig sind: Mineralien, Spurenelemente und Vitamine. Vor allem Magnesium, Kalzium, Kalium und Natrium sind für die Muskelfunktion von großer Bedeutung.
Die Kombination einer Protein- mit einer Kohlenhydratquelle gilt für den Muskelaufbau als optimal, weil sie die Glykogenspeicher effizient auffüllt, zum Beispiel werden während des Trainings Proteine in den Muskeln langsamer abgebaut, weil Kohlenhydrate das verhindern.
Wie wäre es mit einer Thai-Linsen-Bowl mit gerösteten Cashews, Kichererbsencurry oder Vollkornpasta mit Pilzen? Im Internet ploppen auch jede Menge vegane Meal-Prep-Rezepte für Muskelaufbau und Fettabbau auf, vom selbst gemachten Beeren-Bananen-Smoothie und Erdmandel-Lupinen-Porridge bis hin zu Wraps mit Gemüse und Tofu.
Das Abc der Einkaufsliste für Muskelwachstum
Hier sind noch ein paar Lebensmittel, auf die Muskeln großen Appetit haben:
Amaranth, Bohnen, Brokkoli, Cashews, Chiasamen, Dinkel, Eier, Erdnüsse, Grünkohl, Haferflocken, Hanfsamen, Hirse, Hüttenkäse, Hühnerbrust, Kartoffeln, Kichererbsen, Kürbiskerne, Lachs, Leinsamen, Linsen, Magerquark, Mandeln, Mais, Parmesan, Pilze (Steinpilze), Quinoa, Rucola, Rosenkohl, Skyr, Soja (Sojabohnen, -flocken, -milch), Seitan, Spinat, Tempeh, Thunfisch, Tofu, Vollkornpasta.
Und für die Mikros nach dem Sport ein Bier, meint zumindest Thomas Kunz, der an der TU Berlin im Fachgebiet Brauwesen mit Wissenschaftlern ein Fitnessbier entwickelt hat: „In der alkoholfreien Variante weist es gegenüber vielen anderen Erfrischungsgetränken wegen der wertvollen Inhaltsstoffe wie Polyphenolen, Mineralien, Vitaminen und essentiellen Aminosäuren gesundheitliche Vorteile auf.“
Nicht nur für Kraftsportler: der perfekte Esszeitpunkt
Nicht nur die Zusammensetzung eines Gerichts ist für ein ausgewogenes Muskelwachstum wichtig, auch der Esszeitpunkt. Nach einem intensiven Work-out sehnen sich die Muskeln im sogenannten anabolen Zeitfenster nach frischer Energie und Proteinen; die Speicher sind leer und die Muskelfasern wollen sich erholen, Proteine reparieren sie. Früher galt die 30-Minuten-Regel: Wer innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem Training Eiweiß zuführt, wird mit extra viel Muskelwachstum belohnt. Die US-Forscher Alan Albert Aragon und Brad Jon Schoenfeld entdeckten jedoch, dass die Muskeln auch zwei bis drei Stunden nach dem Training noch Proteine aufsaugen wie ein Schwamm. Bleibt also Zeit, sich in aller Ruhe eine leckere Powermahlzeit zu Hause zuzubereiten!
Zur Autorin: Karen Cop mag beim Sport den Moment, wenn Milchsäure in die Muskeln einschießt — das Signal für eine Pause mit einer Handvoll Nüssen. Pst: Dass Laktat an Muskelkater schuld sein soll, ist zum Glück überholt.
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