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Familie

Regenbogenfamilien: gelebte Vielfalt

Mindestens ein LSBTIQ*-Elternteil, zwei oder mehr Bezugspersonen: Regenbogenfamilien mit Kind(ern) gibt es in den unterschiedlichsten Konstellationen.

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Der Weg ist nicht leicht. Dennoch gibt es immer mehr nichtheteronormative Menschen, die sich sehr bewusst dafür entscheiden, ein Wunschkind zu bekommen.

Inhaltsverzeichnis

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Als Jenny Wilken ihre Partnerin kennenlernte, hatte sie sich bereits als trans* Frau geoutet. Schon nach kurzer Zeit war beiden klar, dass sie gerne ein gemeinsames Kind bekommen würden. Diesen Wunsch konnte sich das Paar selbst erfüllen. Denn Jenny Wilken hatte ihre medizinische Transition – die Anpassung der körperlichen Merkmale an ihr weibliches Geschlechtsbewusstsein – noch nicht vornehmen lassen und war aus diesem Grund in der Lage, eine Tochter zu zeugen. Auf dem Papier gilt sie daher bis heute als Vater des mittlerweile siebenjährigen Mädchens. De facto wächst es nach Jenny Wilkens Personenstandsänderung vom Mann zur Frau mit zwei Mamas in Berlin auf.

Know-how zu Samenspenden

Vater, Mutter, Kind: In diese klassische Familienkategorie lässt sich das Lebensmodell von Jenny Wilken nicht einsortieren. Vielmehr ist es ein Beispiel für Regenbogenfamilien, in denen mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, intergeschlechtlich und/oder nichtbinär ist; bundesweit wird ihre Zahl auf 10.000 bis 20.000 geschätzt. „Früher gab es sie nur vereinzelt“, erklärt Dr. Anna Buschmeyer, die sich beim Deutschen Jugendinstitut als wissenschaftliche Referentin mit Genderfragen beschäftigt. „Durch die rechtliche Entwicklung wie die Aufhebung des Verbots von Homosexualität 1994 und die Einführung der Ehe für alle 2017 werden es immer mehr. Dazu trägt auch die Veränderung technischer Voraussetzungen bei: Foren oder Beratungsstellen für Regenbogenfamilien geben beispielsweise Know-how zu Heiminsemination und Samenspenden weiter.“

Kinder adoptieren als Alternative

Lesbische Paare können mit der sogenannten Bechermethode – oder mithilfe von Reproduktionsmedizinern – eigene Kinder bekommen. Schwule Paare brauchen dazu eine Leihmutter und müssen dafür mit hohem finanziellem Aufwand in Länder wie die Ukraine, Georgien oder die USA ausweichen, die Leihmutterschaft anders als Deutschland nicht verbieten. Alternative ist die (Auslands-)Adoption eines Kindes, wobei die Aussicht auf Erfolg wegen vieler Mitbewerber, langer Wartezeiten und aufwendiger Auswahlprozesse gering ist. Besser stehen die Chancen für die Aufnahme von Pflegekindern. Und trans* Personen, die sich zur Änderung ihres Geschlechtseintrags bis 2011 sterilisieren lassen mussten, können nun Kinder gebären oder zeugen, wenn sie alle notwendigen Organe haben. Oder sich vor geschlechtsangleichenden Operationen Samen bzw. Eizellen entnehmen und einfrieren lassen, um sie später zur Zeugung eines Kindes zu nutzen.

Zwei Väter, ein gemeinsames Kind? In Regenbogenfamilien ist das mittlerweile möglich.

Co-Parenting mit mehreren Bezugspersonen

Außerdem gibt es schwule und lesbische Paare, die miteinander Kinder bekommen und sich gemeinsam um diese kümmern. Oder andere Co-Parenting-Modelle, die nicht auf Liebesbeziehungen, sondern auf Familienvereinbarungen zwischen zwei oder mehr Bezugspersonen beruhen. „Es gibt unterschiedlichste Konstellationen und viele Möglichkeiten, bei einer nichtheteronormativen Elternschaft kreativ zu werden“, weiß Jenny Wilken aus ihrer Beratungstätigkeit im Berliner Regenbogen Familienzentrum. „Aber eines haben alle gemeinsam: Es handelt es sich meist um eine sehr bewusste Entscheidung, auf welchem Weg auch immer ein Kind zu bekommen und Verantwortung für dieses zu übernehmen.“

Familienform mit absoluten Wunschkindern

Wer oder was die Eltern seien, ist laut Jenny Wilken für Kinder irrelevant, „Was sie im Alltag umgibt, ist für sie Realität und Normalität“, so die Erfahrung der 36-Jährigen. Auch Dr. Anna Buschmeyer ist der Meinung, dass man sich um Kinder aus Regenbogenfamilien keine Sorgen machen muss: „Es handelt sich um absolute Wunschkinder“ – und das in der Regel von motivierten, engagierten Eltern, die oft ein höheres Bildungsniveau hätten und finanziell besser gestellt seien als der allgemeine Durchschnitt. Mehreren Studien zufolge entwickeln sich Kinder aus Regenbogenfamilien nicht schlechter als solche aus heterosexuellen. Tendenziell haben sie sogar etwas weniger Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Probleme. Auch bei ihrer psychischen Anpassung schneiden sie dank liebevoller Eltern, die sie stärken und unterstützen, besser ab als Altersgenossen.

Video: Queere Eltern – der lange Weg zum Kind

Dieser Beitrag aus der Reihe „MDR Investigativ“ berichtet über die hohen Hürden auf dem Weg zu einer Regenbogenfamilie, auf dem Kinderwünsche nicht selten jahrelang unerfüllt bleiben.

Nicht allein in ungewöhnlicher Lebenssituation

Das wappnet Kinder aus Regenbogenfamilien für Erfahrungen, die sie nicht selten ab dem Besuch einer Kita oder in der Schule machen. „Da können durchaus fiese Sprüche oder blöde Fragen kommen“, erzählt Jenny Wilken. „Über solche Diskriminierungen sollte man mit seinem Kind sprechen und ihm zeigen, dass es nicht allein mit einer ungewöhnlichen Lebenssituation ist.“ Dabei helfen ihrer Tochter Vorbilder wie die Fußballspielerin der Nationalmannschaft,  Svenja Huth, die 2023 mit ihrer Frau einen Sohn bekommen hat. Oder Spielenachmittage, Treffen und Unternehmungen mit anderen Regenbogenfamilien, die das Regenbogenfamilienzentrum des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg regelmäßig organisiert. 2013 wurde es als erstes seiner Art in Deutschland gegründet. Mittlerweile gibt es allein in Berlin insgesamt drei, weitere in Hamburg und München sowie die bundesweite Initiative Regenbogenfamilien-Fachkräfte, die regional arbeiten.

Leihmütter sind in Deutschland verboten, erfüllen aber in anderen Ländern den Kinderwunsch.

Anlaufstelle für LSBTIQ*-Elternteile

Sie alle sind wichtig als Anlaufstelle und zum Austausch für LSBTIQ*-Elternteile, die Kinder wollen oder haben. Denn auch, wenn die Akzeptanz von Regenbogenfamilien laut Jenny Wilken „deutlich besser geworden ist“, gibt es immer noch Stolpersteine. Sie selbst muss immer wieder mit einem Gerichtsbeschluss über ihren Namen und ihren Personenstand nachweisen, dass ihre Tochter zu ihr gehört – was sie als „höchst diskriminierend“ empfindet. Deshalb hofft sie auf eine baldige Reform des Abstammungsrechts, die auch gleichgeschlechtliche Paare oder trans* und inter* Personen inkludiert. Laut Bundesministerium der Justiz (BJI) plant die Ampelkoalition, „unterschiedlichen Familienkonstellationen hinreichend Rechnung zu tragen“. Denn zunehmend mehr Kinder hätten gleichgeschlechtliche Elternpaare oder einen transgeschlechtlichen, nichtbinären oder intergeschlechtlichen Elternteil.

Reform der rechtlichen Elternschaft

Laut BJI ist bislang Mutter eines Kindes die Person, die es geboren hat. „Als Vater ordnet das Gesetz einem Kind den Mann zu, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist.“ Nach geltender Rechtslage ist für gleichgeschlechtliche Eheleute und eingetragene Lebenspartnerschaften zur Erlangung gemeinsamer rechtlicher Elternschaft stets eine (Stiefkind-)Adoption erforderlich. Die kann Monate dauern und für schwierige Situationen sorgen. Stirbt bei einem lesbischen Paar die gebärende Mutter, steht ihre Partnerin vor Anerkennung der Adoption rechtlich in keinem Verhältnis zum Kind. Aus diesem Grund kann sie nicht automatisch die offizielle Co-Mutter-Rolle übernehmen – ein schwieriger, belastender Schwebezustand.

Für uns ist das Kleinste das Größte

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Lektüretipps

Sach- und Bilderbücher, Broschüren, Forschungsergebnisse, Podcasts und Internetseiten mit hilfreichen Informationen für Regenbogenfamilien

DOWNLOAD

 
„Queere Familien“ von Jasper Nicolaisen (Querverlag)

Ein Autor und systemischer Therapeut, der selbst mit seinem Mann und Kindern in Berlin lebt, gibt Anregungen, Familie neu zu denken.

„Das Regenbogenväterbuch“ von Sören Kittel, Alex Schug, Gianni Bettucci und Uli Heissig (Hrsg.) (Omnino-Verlag)

Ratgeber für schwule Väter mit Erfahrungen, Interviews und Expertentipps.

„Und deine Familie?“ von Charlotte Bellière und Ian de Haas (Carl-Auer)

Bilderbuch darüber, wie Kinder heutzutage die Diversität und Vielfalt unterschiedlichster Familienkonstellationen erleben.

dji.de

Expertise von Linda de Vries aus dem „Neunten Familienbericht“, die einen Überblick über die aktuelle Lebenssituation von homo- und bisexuellen Eltern und deren Kindern in Deutschland gibt.

bundesverband-trans.de

Tipps für trans* und nichtbinäre Personen mit Kind(ern) oder Kinderwunsch, die der Bundesverband Trans* herausgegeben hat und auch als Broschüre zum Download anbietet.

kakadu.de

Podcast aus dem Kinderprogramm von Deutschlandfunk Kultur über das Leben zweier Jungen in ihren Regenbogenfamilien, die in Kitas, in Schulen und im Alltag immer sichtbarer werden.

regenbogenportal.de

Informationsportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für Menschen aus der LSBTIQ*-Community, die hier auch Artikel zu Regenbogenfamilien, deren Gründung sowie rechtlichen Rahmenbedingungen finden.

regenbogenfamilien-koeln.de

Portal für lesbische, schwule, bi, inter*, trans* und queere Eltern mit einem regenbogenbunten Blog, Infos zu Familienvielfalt und Tipps für Bücher, Videos, Podcasts oder Webseiten zum Thema.

Zur Autorin: Antoinette Schmelter-Kaiser kennt verschiedene Familienformen: Zehn Jahre lebte sie mit ihrem ersten Mann und der gemeinsamen Tochter zusammen; nach der Trennung war sie alleinerziehend. Durch ihren zweiten Mann, der drei Kinder von zwei Frauen hat, wurde sie Teil einer komplexen Patchworkkonstellation. Regenbogenfamilien lernte sie durch ihre Recherchen kennen.

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