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Gesund

Weniger ist mehr

Weg damit! Minimalismus, der freiwillige Verzicht in einer Überflussgesellschaft, kann eine Bereicherung sein und die Psyche entlasten.

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Minimalismus bedeutet mehr als nur den Kleiderschrank entrümpeln. Bewusster Umgang mit Dingen tut auch der Psyche gut. Tipps für einen maßvollen Lebensstil.

Leben in der Überflussgesellschaft

Jeder Europäer besitzt im Schnitt 10.000 Dinge. Vor 100 Jahren waren es erst 180. Doch die Fülle an Besitz bringt oft mehr Einschränkungen mit sich als neue Freiheiten. Immer mehr Menschen wollen die Zahl der Gegenstände, die sie besitzen, reduzieren. Minimalisten glauben, je mehr sie besitzen, desto stärker werden sie davon besessen. Beispiel Auto: Neben Unabhängigkeit schafft es auch eine Menge Verpflichtungen: TÜV, Werkstatt, Tanken, Parkplatzsorgen, Versicherung. Minimalismus muss keineswegs ein Leben in kahlen Räumen und Essen auf dem Fußboden bedeuten. Verfechter dieses Lebensstils wollen bewusst konsumieren. Was schafft einen echten Mehrwert und was ist nur überflüssiger Ballast?

Kleiderschrank entrümpeln, Psyche befreien

Laut einer Greenpeace-Studie befinden sich insgesamt 5,2 Milliarden Kleidungsstücke in den Schränken der Deutschen. Davon werden 40 % selten oder nie getragen. Rund jedes 5. Stück, das aussortiert wird, ist zuvor nur zweimal getragen worden. Kleidung ist zum Symbol einer unkritischen Wegwerfgesellschaft geworden. Allerdings machen überquellende Kleiderschränke selten glücklich. Überfülle bringt einen ständigen Zwang zur Entscheidung mit sich und kann zur Belastung werden. Statt Kleidung und andere Dinge zu horten, wünschen sich viele einen bewussten Umgang mit Gebrauchsgegenständen. Zur Anerkennung minimalistischer Lebensformen beigetragen haben auch Berichte über unmenschliche Produktionsbedingungen und Umweltschäden.

Lebensstil mit einem breiten Spektrum

Minimalismus ist in der Öffentlichkeit bekannt geworden durch Persönlichkeiten wie Heidemarie Schwermer. Die ehemalige Psychotherapeutin gründete schon 1994 einen Tauschring, lebte ganz ohne Geld und eigene Wohnung. Der Dokumentarfilm „Living without money“ erzählt die Biografie der 2016 verstorbenen Lebenskünstlerin. Doch die wenigsten Minimalisten gehen so weit, jeden Besitz aufzugeben und in strenger Askese zu leben. Für viele geht es darum, statt blind zu konsumieren, sich vor jeder Anschaffung zu überlegen: Brauche ich das? Wie oft werde ich das überhaupt benutzen? Verträgt sich der Kauf mit dem Gemeinwohl? Wie wurde das eigentlich hergestellt?

Tipps für ein minimalistisches Leben

Wie kann Minimalismus im Alltag aussehen? Leute, die es ausprobiert haben, geben unterschiedliche Tipps. Bewusst einfacher leben – den Anstoß gibt oft eine zeitlich begrenzte „Konsumdiät“. Manche kaufen vier Wochen lang nur lebensnotwendige Dinge, andere verzichten ein Jahr lang auf jede Neuanschaffung von Kleidung und Schuhen. „Trenne dich jede Woche von zehn Dingen“ ist ein weiteres Prinzip. Auch wer versucht, einen Tag lang ganz ohne Energieverbrauch und Elektrizität zu leben, wird bemerken, wie abhängig wir von (endlichen) Energiequellen sind. Das Schöne am Minimalismus ist: Es gibt kein Patentrezept. Jeder entscheidet selbst, was er unter „bewusst konsumieren“ versteht. So kann man sich durchaus unterwegs eine Kaffeespezialität gönnen, aber im eigenen Becher. Das schmeckt nicht nur besser, es hilft, das Müllaufkommen von Pappbechern und Plastikdeckeln zu reduzieren.

Ausmistparty, Tauschring, Bücherschrank

„Brauchen“ ist bekanntlich eine subjektive Kategorie. Gegenstände, die bei dem einen nutzlos herumstehen, können einem anderen täglich Freude bereiten oder sogar unentbehrlich erscheinen. Oft trennen wir uns deswegen ungern von Dingen, weil sie zum Wegwerfen „zu schade“ sind. Daraus wurde die Idee des organisierten Tauschens und Verschenkens geboren, die immer mehr Initiativen hervorbringt: öffentliche Bücherschränke, aus denen sich jeder bedienen kann, Tauschbörsen im Internet oder auch private Ausmistpartys. Tipp: Warum nicht nach dem Entrümpeln Freunde und Bekannte einladen, ausgemusterte Gegenstände mitzunehmen? Am meisten Spaß macht es, wenn die Partys reihum bei jedem Teilnehmer stattfinden.

Stand: Dezember 2017

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