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Familie

Großeltern und Enkelkinder

Nähe, Geborgenheit, Zeit – Großeltern haben ihren Enkelkindern viel zu geben. Im Gegenzug bekommen Oma und Opa Einblick in eine andere Welt.

Warum Sie diesen Artikel lesen sollten:

Emotional eng verbunden und positiv: So beschreiben viele Großeltern die Beziehung zu ihren Enkeln. Wie harmonisch sie ist, hängt von mehreren Faktoren ab.

Inhaltsverzeichnis

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Lange schlafen und lange aufbleiben, Ausflüge machen, lesen, Trecker fahren, draußen spielen: Eine Woche lang stand beim Besuch der Großeltern alles auf dem Programm, was Mats gefällt. Beim Abschiednehmen mag der Zehnjährige Oma und Opa gar nicht mehr loslassen und betont dabei: „Ich würde so gerne bei euch bleiben.“ Genossen hat aber nicht nur Mats seinen Aufenthalt im Sauerland. „Mir tut das Zusammensein unendlich gut“, sagt Brigitte Burghardt. „Es ist total schön, unsere Enkelkinder aufwachsen und sich entwickeln zu sehen. Dass unsere Familie durch sie fortgesetzt wird, erfüllt mich mit Freude und Stolz.“

Geborgenheit, Verständnis und fester Halt

Mats ist der Jüngste von insgesamt vier Jungen und zwei Mädchen; die anderen sind 13, 14, 17, 21 und 22 Jahre alt. „Alle haben ihre eigene Persönlichkeit“, erklärt Brigitte Burghardt. „Ich versuche, mich auf jeden einzulassen, festen Halt, Geborgenheit und das Gefühl zu geben, dass die Tür immer offen steht.“ Zu vier Enkeln, die nebenan und im Nachbarort leben, ist der Kontakt unkompliziert und regelmäßig. Mit Mats und seiner Schwester, die 160 Kilometer entfernt in Frankfurt wohnen, wird er mit Telefon, WhatsApp und Besuchen gepflegt. „So kann ich ihr Leben mitverfolgen – und fühle mich von unserer großen Familie getragen“, resümiert Brigitte Burghardt.

Mehr Zeit durch längere Lebenserwartung

Mit 52 Jahren hat die dreifache Mutter ihr erstes Enkelkind bekommen – bis heute für sie ein „unbeschreibliches Highlight“. Dieser Zeitpunkt entspricht dem Durchschnittsalter bei deutschen Frauen, Männer werden knapp vier Jahre später erstmals Opa, beide bekommen hierzulande in der Regel drei Enkelkinder. Weil die Lebenserwartung steigt, profitieren Enkel und Großeltern von zweieinhalb bis drei Jahrzehnten gemeinsamer Lebenszeit. „Großeltern sind in dieser Phase aktiver als früher“, sagt Dr. Mareike Bünning, die beim Deutschen Zentrum für Altersfragen zu Großeltern forscht, über eine spürbare Veränderung. „Ein Drittel betreut die Enkel regelmäßig, durchschnittlich 9 bis 10 Stunden pro Woche – eine beachtliche Leistung für Familien.“ Dazu profitieren Enkelkinder von größeren Geld- und Sachgeschenken, die laut Umfragen 30 Prozent der 70- bis 85-Jährigen ihren Enkeln machen.

Gemeinsame Aktivitäten - egal ob Malen oder Radfahren – verbinden Großeltern und Enkel.

Geborgenheit geben, Impulse bekommen

Auch in anderer Hinsicht haben Großeltern viel zu geben: mehr Zeit und Gelassenheit, weil ihr Berufsleben vorbei ist oder dem Ende zugeht, Geborgenheit, praktisches Wissen vom Backen bis zum Gärtnern und viel Lebenserfahrung, die ebenso wie Werte und Rituale bei gemeinsamen Erlebnissen oder beim Erzählen vermittelt werden können. Im Gegenzug bekommen Großeltern von ihren Enkeln frische Impulse und Einblick in eine andere Welt – egal ob aktuelle Musik, Mode oder Umgang mit digitalen Medien. „Die meisten freuen sich auf ihre Rolle“, weiß Dr. Mareike Bünning. „Bei Befragungen für die Deutsche Alterssurvey wird die Beziehung zu Enkelkindern als überwiegend emotional eng verbunden und positiv beschrieben.“

Keine Einmischung in die Kindererziehung

Jede Beziehung ist allerdings individuell verschieden und hängt von vielen Faktoren ab – nicht zuletzt vom Einfluss der Eltern, die den Kontakt unterstützen oder auch erschweren können, wenn Opa und Oma zu viel herummäkeln und bevormunden. „Bei meinen Enkelkindern mische ich mich nicht in die Erziehung ein“, erklärt Brigitte Burghardt. „Für die sind meine Tochter, meine Söhne und deren Partner:innen verantwortlich, nicht ich.“ Als Faustregel lässt sich laut Dr. Mareike Bünning außerdem sagen, dass räumliche Nähe einen engen Kontakt begünstigt; über größere Distanzen könne er durch (Video-)Telefonate und Besuche lebendig gehalten werden. Außerdem gelte: Je jünger die Enkelkinder, desto regelmäßiger der persönliche Kontakt. Die emotionale Verbundenheit hingegen bleibt bestehen, wenn die Enkel älter sind und der Kontakt seltener wird.

Notwendiges Loslassen der Enkelkinder

Das kann Brigitte Burghardt nur bestätigen: „Das Leben verändert sich. Als Oma stehe ich nicht mehr so sehr im Mittelpunkt und werde weniger gebraucht, weil die Enkelkinder größer werden und ihrer Wege gehen.“ Das einzusehen und loszulassen, ist für sie kein leichter, aber ein notwendiger Prozess. Umso mehr freut es sie, dass sich ihre vier ältesten Enkelkinder bald mal wieder einen gemeinsamen Nordseeurlaub „wie früher“ wünschen. Und eines von ihnen kam kürzlich spontan zum Übernachten vorbei, um bewusst die Nähe zur Oma zu suchen.

Ans Loslassen müssen sich auch Omas und Opas gewöhnen – je älter die Enkel werden, umso mehr.

Lichtblick durch Leihomas und -opas

Das Glück, eigene Enkelkinder oder eigene Großeltern zu haben, ist nicht jedem vergönnt. Ein Miteinander von Jung und Alt ist trotzdem möglich. Bundesweit gibt es Projekte, Vereine, Vermittlungen und Services für Wunsch- oder Leihgroßelternschaft. Davon profitieren Senior:innen, die sich ehrenamtlich oder gegen ein kleines Honorar um Kinder kümmern möchten. Im Gegenzug ist Familien geholfen, die keine oder zu weit entfernte Großeltern haben und Kinderbetreuung brauchen. Auch die Schwester von Brigitte Burghardt bringt sich so ein: Zwei ihrer Enkelkinder wohnen eine Stunde entfernt, sind Teenager und eigenständig; zwei kleinere leben in England, sodass Besuche nur alle paar Monate möglich sind. Ein- oder mehrmals pro Woche widmet sie sich daher einem kleinen Nachbarsmädchen mit alleinerziehender Mutter – für beide Seiten ein Lichtblick und Gute-Laune-Garant.

Video: Großeltern und Enkelkinder

Ein Film über die besondere Beziehung zwischen Enkelkindern und ihren Großeltern, die sich heutzutage oft aktiver einbringen und häufig länger Teil des Familienlebens sind als früher.

Lektüretipps

Sachbücher, literarische Geschichten und Internetseiten rund um die wichtige Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkindern.

DOWNLOAD

„Wir werden Großeltern“ von Silke Geercken (Dorling Kindersley)

Ratgeber für einen guten Einstieg ins Großelterndasein mit Wissenswertem, um in der neuen Rolle als Oma oder Opa anzukommen, aber auch, um Generationenkonflikte zu lösen.

„Kostbare Zeit“ von Margot Käßmann (bene!)

Texte über die Dankbarkeit für Enkelkinder, die richtige Balance zwischen Distanz und Nähe, die Kunst, ein guter Begleiter zu sein, und das Glück, Enkelkindern Wurzeln sowie Flügel zu geben.

„Großeltern“ (detebe)

Geschichten über das, was sich zwischen Jung und Alt ereignen kann, von Autor:innen wie Ingrid Noll, Joachim Meyerhoff und Bernhard Schlink. Sie beschreiben Großeltern als Berater, Feuerwehr und Fels in der Brandung.

„Vom Glück, Großeltern zu sein“ von Annemarie Stoltenberg (Reclam)

Literarische Kleinode von Heinrich Heine über Elias Canetti bis Agatha Christie in Kombination mit persönlichen Erfahrungen als Enkeltochter genauso wie als Oma.

grosseltern.de

„Lobby-Plattform” über die Bedeutung der Großeltern für die Gesellschaft mit Infos, Alltags-, Freizeit-, Spiele- und Medientipps sowie Kolumnen.

enkelkind.de

Authentische Erfahrungsberichte, Erinnerungen an früher, Geschenkideen und Produkttests für Großeltern mit Enkelkindern im Alter von 0 bis 10 Jahren.

grosseltern-stiften-zukunft.de

Vereinsseite mit unterschiedlichen Formen und Möglichkeiten des Engagements für die Enkelgeneration – von Lesepaten bis zu Standby-Senioren.

betreut.de

Digitale Plattform, auf der sich seit 10 Jahren Familien und Alltagshelfer vernetzen können – egal ob in Hamburg, Bielefeld, Frankfurt oder Koblenz.  

Zur Autorin: Die Tochter von Antoinette Schmelter-Kaiser hat beide Großmütter kennengelernt, ihre Großväter nicht mehr. Wegen weit entfernter Wohnorte gab und gibt es Besuche bei und von Oma, aber keine Betreuung durch sie. Diese übernahm eine Leihoma.

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